Ü-Wagen in Berlin

Ein Projekt von Paradise-Park-
Hochschule Düsseldorf
mit Prof.in Anja Vormann

Paradise–Park–
Der Ü-Wagen Paradise–Park– ist als mobiles Stadtlabor, Teil des Fachgebietes AV Medien von Prof.*in Anja Vormann der Hochschule Düsseldorf und wurde vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, als Lern und Forschungslabor im öffentlichen Raum bewilligt. www.paradise-park.de/category/public-research/

Dekonstruktion von stereotypen Narrativen
Ende des Sommersemesters fand das erste Zusammentreffen der beiden deutschen Hochschulen in Berlin statt. Anlass war ein 10 tägiges Interviewprojekt des Ü-Wagen Teams Paradise­–Park–, das mit Unterstützung des jüdischen Museums Berlin auf dessen Vorplatz durchgeführt wurde. Hier sollte über ein spezifisches Gesprächsformat zum gegenwärtigen jüdischen Leben in Deutschland geforscht, aufgenommen und archiviert werden. 

Um stereotype Narrative bezüglich des „jüdischen Lebens in Deutschland“ zu meiden, entschieden wir uns für die konsequente Dekonstruktion des Formates „Interview“, das schon im ersten Schritt „Gespräch“ genannt wurde. Sprache ist nicht neutral, in der Konstruktion von Fragen werden häufig schon Antworten impliziert mitgeführt. Auch der Duktus des Fragens, der mehr oder weniger hierarchisch, rhetorisch oder wissenschaftlich ist, bringt Interviewpartner*innen automatisch „in Stellung“ – dies fern der individuellen Befindlichkeit. Ein Gespräch ist hierarchiefreier als ein Interview, da keiner Person die Führung zugesprochen wird. Es gab keine Leitfragen, – nicht einmal Fragen. Ein dreisprachiges Begriffsset (deutsch/englisch/hebräisch) war Interaktionselement, von dem ausgehend, konnten jeweils individuell Fragen und Erzählungen entfaltet werden. Die Dynamik, wer fragt wen, wie werden die Karten ins Spiel gebracht – gezogen, gemeinsam ausgesucht, nacheinander abgearbeitet … war der Atmosphäre und dem Zusammenspiel des jeweiligen Gesprächspaares geschuldet. Es gab nur eine Regel, es trifft immer eine jüdische Person mit einer nicht jüdischen Person zusammen

Wichtiger Akteur des Settings war das oben genannte Begriffsset, das als Ressource für Einstiege ins Thema gedacht war. Hier finden sich Begriffe der politischen und alltäglichen Lebenswelt, wie Familie, Feste, Identität, Freunde, Heimat, Grenzen, Realität, Genderbilder, Technik, Macht, Glaube, Essen, Aneignung, Sprache, Musik, … Obwohl sehr individuelle Verknüpfungen, Fragen und Erzählungen von den Begriffen aus entwickelt wurden, kristallisierte sich in der Zusammenschau der Interviews heraus, welche Begriffe Relevanz haben und welche nicht, welche ein versöhnliches und welche ein streitbares Potenzial bergen. Wir gewannen einen Überblick über die aktuellen Diskurse jüdischen Lebens in Deutschland, in dem aus dem Lebensalltag heraus die Gespräche anzeigten, wie die Begriffe des Sets zu gewichten sind – dies über Verdichtungen von Zeit, Aufmerksamkeit, Varianz, emotionaler Beteiligung, …

Zudem wurden die Begriffe weicher und flüssiger, da sie von vielen Individuen jeweils unterschiedlich aus dem jeweiligen Lebenskosmos, der Erfahrung und des Sprachgebrauchs in Kontext gesetzt wurden. Entstanden sind 25 Videogespräche, die ein differenziertes Bild jüdischen Lebens in Deutschland zeigen und als Wanderarchiv, für Ausstellungen, Diskussion oder zur weiteren Recherche zur Verfügung stehen.

Begleitprogramm
Begleitprogramm war eine Ausstellung im Projektraum feldfünf, der sich zum Platz öffnete. Hier wurden „Work in Progress“ Projekte der Studierenden gezeigt und zur Diskussion gestellt, Kinoprogramme und Lectures gehalten und die Liveschaltungen mit den israelischen Studierenden durchgeführt. Parallel wurden Foto-, Film-, und Installationsarbeiten im UE Pavillon ausgestellt.